2 December 2025

Wenn Mitarbeiter still gehen

in den letzten Monaten hat ein Begriff große Aufmerksamkeit erhalten: Quiet Quitting. Gemeint ist damit nicht die tatsächliche Kündigung des Jobs, sondern der stille Rückzug. Mitarbeitende erfüllen zwar noch ihre vertraglichen Pflichten, doch innerlich haben sie sich bereits distanziert – vom Unternehmen, von der Führung, manchmal auch vom Sinn ihrer Arbeit.


Dieses Phänomen ist keineswegs neu. In der Psychologie wird seit Jahren von der inneren Kündigung gesprochen. Neu ist, dass es aktuell eine ganze Generation und zahlreiche Branchen betrifft. Für KMU und Führungskräfte bedeutet das: Man kann sich „gute Zahlen“ und scheinbar stabile Arbeitsverhältnisse nicht schönreden, wenn die Bindung, Motivation und Freude im Team schwinden.


Die Auswirkungen sind gravierend. Sinkende Produktivität, fehlende Innovationskraft, steigende Fehlzeiten und eine Kultur des „Dienst nach Vorschrift“ schwächen nicht nur das Unternehmen, sondern auch die Rolle der Führung selbst. Doch die gute Nachricht lautet: Quiet Quitting ist kein unausweichliches Schicksal – es ist ein Signal. Und Signale lassen sich erkennen, verstehen und nutzen, um Veränderung anzustoßen.

Innere Distanz
Innerlich kündigen

Was bedeutet Quiet Quitting wirklich?

Der Begriff „Quiet Quitting“ sorgt seit Monaten für Diskussionen. Manche deuten ihn als Ausdruck mangelnder Leistungsbereitschaft oder einer „faulen Generation“. Doch das ist ein Missverständnis. In Wahrheit beschreibt Quiet Quitting eine Schutzstrategie: Mitarbeitende ziehen klare Grenzen zwischen Beruf und Privatleben, reduzieren Überstunden und emotionales Engagement – nicht, weil sie nichts leisten wollen, sondern weil sie ihre Ressourcen schützen müssen.


In der Psychologie sprechen wir seit Langem von der inneren Kündigung. Sie bezeichnet die Situation, in der Beschäftigte zwar noch im Unternehmen bleiben, aber ihre Identifikation, Motivation und Freude an der Arbeit verlieren. Sie kündigen nicht das Arbeitsverhältnis, sondern ihr inneres Engagement.


Die Gründe dafür sind vielfältig:

  • Überlastung: Dauerstress und fehlende Erholung führen zu Erschöpfung.
  • Fehlende Wertschätzung: Leistung wird selbstverständlich genommen, Anerkennung bleibt aus.
  • Keine Entwicklungsperspektive: Wer keine Chance sieht, sich zu entfalten, zieht sich zurück.
  • Sinnverlust: Wenn die Frage „Wofür mache ich das?“ unbeantwortet bleibt, sinkt die Motivation drastisch.


Quiet Quitting ist damit weniger ein individuelles Problem, sondern ein Spiegel organisationaler Realität. Führungskräfte, die es als Faulheit abtun, verkennen die tieferen Ursachen – und verschenken die Chance, gegenzusteuern.

👉 „Wie gesunde Führung Motivation stärkt, erfährst du hier im Artikel Gesunde Führung in KMU.“

„Innere Kündigung ist nicht das Ende – sie ist ein Warnsignal, das ernst genommen werden muss.“

Psychologische Hintergründe – warum Menschen innerlich kündigen

Quiet Quitting ist kein Modephänomen, sondern tief in psychologischen Prozessen verankert. Menschen ziehen sich nicht grundlos zurück – sie tun es, wenn grundlegende Bedürfnisse dauerhaft unerfüllt bleiben.


Das Grawe-Modell zeigt vier psychologische Grundbedürfnisse: Bindung, Autonomie, Sicherheit sowie Lustgewinn & Unlustvermeidung. Werden diese Bedürfnisse im Arbeitskontext verletzt – etwa durch mangelnde Wertschätzung (fehlende Bindung), micromanagement (eingeschränkte Autonomie), ständige Unsicherheit oder das Ausbleiben positiver Erlebnisse – dann entsteht Rückzug als Schutzreaktion.


Auch das Stressmodell nach Lazarus liefert eine Erklärung. Ob eine Situation als Belastung erlebt wird, hängt davon ab, wie sie bewertet wird: als Herausforderung oder als Überforderung. Fehlen Ressourcen zur Bewältigung, wird Stress chronisch – und Rückzug wird zur einzigen Strategie, das Gleichgewicht wiederherzustellen.


Der salutogenetische Ansatz von Antonovsky ergänzt eine weitere Dimension: das Kohärenzgefühl. Nur wenn Arbeit als verständlich, handhabbar und sinnvoll erlebt wird, bleibt sie gesundheitsförderlich. Geht diese Sinnhaftigkeit verloren, tritt innere Kündigung ein – selbst bei hoher fachlicher Kompetenz.


Damit wird klar: Quiet Quitting ist kein „Fehlverhalten von Mitarbeitenden“, sondern das Resultat aus einem Missverhältnis zwischen Belastungen und Ressourcen. Führungskräfte, die diese psychologischen Hintergründe verstehen, können die Signale nicht nur deuten, sondern auch präventiv gegensteuern.

👉 „Warum Grundbedürfnisse wie Bindung und Autonomie so entscheidend sind, erkläre ich im Beitrag zum Grawe-Modell in der Führungspraxis.“

„Quiet Quitting ist kein Trend, sondern die logische Folge unerfüllter psychologischer Bedürfnisse.“

Auswirkungen auf Unternnehmen

Wenn Mitarbeitende innerlich kündigen, ist das Unternehmen zwar nach außen hin noch vollständig besetzt – doch in Wirklichkeit fehlt ein entscheidender Teil: das Engagement. Körperlich anwesend, emotional jedoch abwesend, verlieren Teams ihre Energie, Kreativität und Innovationskraft.


Die Folgen sind vielschichtig:


  • Produktivitätsverlust: Studien belegen, dass innere Kündigung zu deutlichen Leistungseinbußen führt. Aufgaben werden zwar erledigt, aber nicht mehr mit vollem Einsatz. Das berühmte „Dienst nach Vorschrift“ kostet Unternehmen jedes Jahr Milliarden.
  • Steigende Fehlzeiten: Wer sich innerlich distanziert, ist anfälliger für psychosomatische Beschwerden, Schlafprobleme oder Erschöpfung. Krankenstände nehmen zu – und damit die Belastung für die verbleibenden Mitarbeitenden.
  • Fluktuation und Know-how-Verlust: Quiet Quitting ist oft der Vorbote einer echten Kündigung. Wertvolle Fachkräfte verlassen das Unternehmen – und mit ihnen gehen Wissen, Erfahrung und Vertrauen verloren.
  • Schwächung der Unternehmenskultur: Innere Kündigung wirkt wie ein stilles Gift. Sie untergräbt Motivation, Zusammenarbeit und Innovationsgeist. Besonders in KMU, wo jedes Teammitglied spürbar zur Kultur beiträgt, kann das fatale Folgen haben.


Psychosoziale Belastungen gehören heute zu den größten Risikofaktoren für den Unternehmenserfolg in Europa. Sie sind messbar – in sinkender Produktivität, steigenden Gesundheitskosten und einem massiven Vertrauensverlust. Wer als Führungskraft diese Signale ignoriert, gefährdet nicht nur die Mitarbeiterzufriedenheit, sondern langfristig die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.

Sie hebt hervor, dass arbeitsbedingter Stress die EU jedes Jahr Milliarden kostet – mit Quelle (EU-OSHA) und Folgen wie Produktivitätsverlust, Fehlzeiten und Gesundheitskosten.

Lösungsansätze – was Führung tun kann

Quiet Quitting ist kein unausweichliches Schicksal. Führungskräfte können viel tun, um Mitarbeitende wieder stärker zu binden und eine Kultur zu schaffen, in der Motivation und Gesundheit wachsen. Entscheidend ist, die Signale ernst zu nehmen – und aktiv gegenzusteuern.


1. Gesunde Führung vorleben

Führungskräfte sind Vorbilder. Wer selbst permanent überlastet ist, sendet das Signal: „Dauerstress ist normal.“ Wer dagegen Selbstfürsorge zeigt, Pausen respektiert und Grenzen wahrt, stärkt das Vertrauen im Team und macht gesunde Arbeitsweisen selbstverständlich.


2. Wertschätzung sichtbar machen

Viele Mitarbeitende ziehen sich zurück, weil ihre Leistungen als selbstverständlich gelten. Ein ehrliches „Danke“ oder konstruktives Feedback wirken stärker, als jede Gehaltserhöhung es könnte. Wertschätzung ist der erste Schritt, um Bindung wiederherzustellen.


3. Autonomie fördern

Micromanagement ist einer der größten Treiber innerer Kündigung. Wer Mitarbeitenden zutraut, eigenständig Entscheidungen zu treffen, stärkt ihr Gefühl von Autonomie – ein zentrales Bedürfnis im Grawe-Modell.


4. Sinn und Perspektiven geben

Mitarbeitende wollen wissen, wofür sie arbeiten. Wer die Unternehmensziele klar kommuniziert und den Beitrag jedes Einzelnen sichtbar macht, stiftet Sinn. Perspektiven für Entwicklung und Weiterlernen halten Motivation lebendig.


5. Tools für Resilienz und Balance nutzen

Methoden wie der Alphalauf oder Coaching-Impulse für Energiemanagement helfen, Druck in Stärke zu verwandeln. Psychosoziale Organisationsberatung (z. B. ABB) macht Belastungen sichtbar und zeigt, wo Strukturen angepasst werden müssen.

Krankenstandskosten
Die Schritte gegen Quiet Quitting

„Quiet Quitting ist kein Trend, sondern ein Signal. Wer es versteht, kann Zukunft gestalten.“

Blick nach vorne

Signale ernst nehmen, Zukunft gestalten

Quiet Quitting ist kein kurzfristiger Trend und auch kein Ausdruck fehlender Leistungsbereitschaft. Es ist ein klares Signal dafür, dass grundlegende Bedürfnisse von Mitarbeitenden nicht erfüllt werden. Wer es als „Bequemlichkeit“ abtut, übersieht die Chance, Kultur und Zusammenarbeit positiv zu verändern.


Führungskräfte, die gesunde Strukturen schaffen, Wertschätzung zeigen und ihren Mitarbeitenden Sinn und Perspektiven geben, verhindern nicht nur innere Kündigung – sie bauen Vertrauen auf und stärken langfristig Motivation, Resilienz und Innovationskraft.


👉 Meine Einladung: Wenn du als Geschäftsführer:in oder Führungskraft spürst, dass in deinem Team die Energie nachlässt oder „Dienst nach Vorschrift“ Einzug hält, dann lass uns ins Gespräch kommen. In der Leaders Academy verbinde ich Coaching, Alphalauf und psychosoziale Organisationsberatung, um aus Rückzug neue Stärke entstehen zu lassen.

👉 „Mehr zu psychosozialer Beratung für Einzelpersonen findest du hier!

Mehr dazu, wie Sie psychologische Grundbedürfnisse im Führungsalltag berücksichtigen können, erfahren Sie hier im Artikel über das Grawe-Modell in der Führungspraxis.“

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