Quiet Quitting ist kein Modephänomen, sondern tief in psychologischen Prozessen verankert. Menschen ziehen sich nicht grundlos zurück – sie tun es, wenn grundlegende Bedürfnisse dauerhaft unerfüllt bleiben.
Das Grawe-Modell zeigt vier psychologische Grundbedürfnisse: Bindung, Autonomie, Sicherheit sowie Lustgewinn & Unlustvermeidung. Werden diese Bedürfnisse im Arbeitskontext verletzt – etwa durch mangelnde Wertschätzung (fehlende Bindung), micromanagement (eingeschränkte Autonomie), ständige Unsicherheit oder das Ausbleiben positiver Erlebnisse – dann entsteht Rückzug als Schutzreaktion.
Auch das Stressmodell nach Lazarus liefert eine Erklärung. Ob eine Situation als Belastung erlebt wird, hängt davon ab, wie sie bewertet wird: als Herausforderung oder als Überforderung. Fehlen Ressourcen zur Bewältigung, wird Stress chronisch – und Rückzug wird zur einzigen Strategie, das Gleichgewicht wiederherzustellen.
Der salutogenetische Ansatz von Antonovsky ergänzt eine weitere Dimension: das Kohärenzgefühl. Nur wenn Arbeit als verständlich, handhabbar und sinnvoll erlebt wird, bleibt sie gesundheitsförderlich. Geht diese Sinnhaftigkeit verloren, tritt innere Kündigung ein – selbst bei hoher fachlicher Kompetenz.
Damit wird klar: Quiet Quitting ist kein „Fehlverhalten von Mitarbeitenden“, sondern das Resultat aus einem Missverhältnis zwischen Belastungen und Ressourcen. Führungskräfte, die diese psychologischen Hintergründe verstehen, können die Signale nicht nur deuten, sondern auch präventiv gegensteuern.